Erster Prag-Austausch

Erstmals reiste eine Schülergruppe des Gymnasiums Dörpsweg im Rahmen eines Austauschprojekts in die tschechische Hauptstadt Prag und gewann dort Einblicke in das Alltagsleben gleichaltriger Jugendlicher der Partnerschule Gymnázium Thomase Manna. Was die Hamburger Zehntklässler:innen gemeinsam mit Frau Mohr und Herrn Rösler darüber hinaus erlebten, berichtet ein Reiseteilnehmer:

Von Till Becker (Klasse 10d)

Am Sonntag, den 10.03.24 trafen wir uns vormittags am Hamburger Hauptbahnhof und fuhren mit dem Zug nach Prag. Die lange Zugfahrt überbrückten wir mit Quatschen, Kartenspielen, Lesen oder Schlafen, der ein oder andere zuvor heruntergeladene Film wurde auch geguckt. Abends angekommen, wurden wir von unseren Gastfamilien schon erwartet und es blieb noch genug Zeit sich kennenzulernen und sich trotzdem für den nächsten Tag auszuruhen.

Am Montagmorgen trafen wir uns alle in der Schule, um gemeinsam zu frühstücken, Kernlernaktivitäten zu machen und miteinander ins Gespräch zu kommen. Ab 11 Uhr gab es dann zwei Stunden Freizeit, in denen wir individuell Mittag aßen und uns schon mal ein bisschen die Stadt anschauten. Richtig erkundet haben wir den Stadtkern von Prag ab 13 Uhr mit einer facettenreichen Stadtrallye, welche in gemischten tschechisch-deutschen Kleingruppen gemeistert wurde. Ab ca. 15 Uhr stand uns der Rest des Tages zur freien Verfügung. Viele Schüler*innen der Hamburger Seite haben sich von ihren Austauschpartner*innen noch die weniger bekannten Ecken und Gassen des historischen Zentrums zeigen lassen. Am Abend trafen sich dann noch einige Austauschpaare auf dem Hügel des sogenannten „Petrin“ und ließen den Tag mit guter Aussicht über die im Abendlicht goldleuchtende Stadt ausklingen.

Am nächsten Vormittag über hatten wir die Möglichkeit, uns mit Hilfe von professionellen Streetart-Künstler*innen im Graffiti auszuprobieren. Der ganze Nachmittag und Abend stand uns frei zur Verfügung, wodurch wir die Gelegenheit hatten, ohne Zeitdruck unsere Freizeit zu genießen. Viele von uns haben den Dienstagabend zum Beispiel dazu genutzt den Freizeitpark zu besuchen.

Um 7:40 Uhr begann der wohl eindrucksvollste Tag unserer Reise; wir fuhren nach Theresienstadt, wohin zur Zeit des Holocausts die Nazis zahlreiche Jüd*innen deportierten wurden, bevor sie nach Ausschwitz oder in andere Vernichtungslager weiter transportiert wurden. Jedoch wurde die Stadt auch für Propagandazwecke von den Nazis benutzt. Auf Deutschland und die restliche Welt sollte es so wirken, als würde Deutschland den Jüd*innen eine Stadt geben und sie dort in Ruhe lassen. Dies war aber ein zutiefst falscher Eindruck, der durch Propaganda wie die sogenannte „Jüdische Verwaltung“ oder mehrere Propagandafilme aufrechterhalten wurde. In Wirklichkeit waren die Menschen dort eng zusammengepfercht, unterernährt und verstarben häufig schnell. 33.000 Menschen starben vor Ort an Krankheit, Mangelernährung oder den miserablen hygienischen Bedingungen. 88.000 weitere Menschen wurden von Theresienstadt aus in Vernichtungslager und somit in den Tod geschickt. Im Laufe unserer Führung erfuhren wir immer mehr über die Vergangenheit von diesem Ort, aber auch über den Umgang mit seiner Geschichte in der Nachkriegszeit und auch heute. Der Leiter der Führung berichtete, dass die Aufarbeitung erst nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion langsam ins Rollen gelangt sei. Auch heute legt die Stattverwaltung den Fokus nicht auf ihre Vergangenheit, sie möchte als gewöhnliche Stadt gelten. Das wird von vielen Menschen, die sich für die Aufklärung einsetzen, jedoch kritisch gesehen. Sie sagen: „Vergesst nicht, was geschehen ist!“ So auch die Zeitzeugin Inge Auerbacher, mit der wir über Facetime telefonieren konnten. Sie ist selbst als Kind nach Theresienstadt deportiert worden und kann sich noch gut an diese schreckliche Zeit erinnern. Heute schreibt sie Bücher und versucht durch Medienpräsenz an den Holocaust zu erinnern und aufzuklären. Dieser Tag ist natürlich eine sehr emotionale Erfahrung für uns gewesen und wir konnten sehr viel Wissen aus ihm schöpfen. Aber auch auf der Gefühlsebene haben wir alle etwas mitgenommen.

Am letzten Tag vor der Abreise besuchten wir vormittags das Militärmuseum und lösten verschiedene lehrreiche Aufgaben. Am Nachmittag gingen wir lasertaggen. Trotz der gewissen Ironie, die im Hinblick auf das Vormittagsprogramm mitschwang, sind wir dabei als Gruppe noch einmal richtig zusammengewachsen.

Alle sind sich einig, dass es eine tolle Zeit in  Prag war. Wir freuen uns schon jetzt auf den Gegenbesuch.