Klamms Krieg

Wie ungerecht schulische Willkür auf das Leben Jugendlicher einwirken kann, führte der Theaterkurs des Jahrgangs 10 plastisch vor Augen.

Im Zentrum der Handlung kämpft Lehrer Klamm gegen die Schüler_innen seines Leistungskurses, die ihm den Krieg erklärt haben und die Mitarbeit vollständig verweigern, nachdem ein Mitschüler sich das Leben genommen hat. Denn Klamm hatte diesem Schüler den einen Notenpunkt, der zum Bestehen des Abiturs geführt hätte, verweigert. Das wäre durchaus nicht nötig gewesen, wie sich zeigt: Der Prüfling hatte sogar schon genügend Punkte beieinander, flehte jedoch Klamm aus Angst vor dem fehlenden Punkt an, woraufhin ihm der Lehrer den Punkt überhaupt erst abzog, getreu seinem Credo: „Schule ist Zwang.“

Nun begegnet dem Lehrer eine Mauer des Schweigens und des Boykotts, derer er mit Hohn, Drohungen, Bestechungen und einem immer wahnhafteren Hass nicht Herr wird.

Der von Herrn Kocielnik geleitete Theaterkurs machte sich Kai Hensels szenischen Monolog „Klamms Krieg“ mit großem Engagement zu eigen, verteilte ihn postdramatisch auf das gesamte Ensemble und fügte eigene Szenen hinzu. Diese vermittelten teilweise einen besonders beklemmenden Eindruck von Schulwillkür. So wurden im gemeinsamen Unterricht von Tauben und Enten erstere per se als dumm abgestempelt, obwohl sie als erste die Antworten lieferten, die dann von den stets durch die Lehrerin gelobten Enten bloß nachgeplappert wurden.

Erschreckend grotesk erschien auch der Unterricht, den die Betrachter einer künftigen, in Schutt und Asche liegenden Welt in einem Museum betrachteten: gelangweilte Schüler_innen beim Büffeln weltfremder Details im Bio-Unterricht.

Eine besonders authentische Wirkung entfalteten jene Szenen, in denen das Ensemble selbst erlebte Begebenheiten verarbeitete. Hierbei traten einzelne Schauspieler_innen aus ihren Rollen heraus und berichteten, während die Darstellung der teils positiven, teils negativen Schulerlebnisse im Hintergrund szenisch sichtbar wurde.

Ein Schulgong signalisierte Anfang und Ende der vielfältigen Szenen, fungierte als ein roter Faden, klang dabei jedoch zunehmend verzerrt, was die Steigerung in der verstörenden Perspektive auf autoritäre Schulmechanismen wirkungsvoll unterstrich.

In manchem erinnerte die Darstellung an die Schulromane und -novellen des frühen 20. Jahrhunderts, an „Professor Unrat (H. Mann), „Unterm Rad“ (H. Hesse), „Die Verwirrungen des Zöglings Törleß“ (R. Musil), um nur einige zu nennen. Zugleich wirkte die Darstellung bei aller Überspitzung aktuell und drängend, was sich einer ehrlichen und engagierten Auseinandersetzung des Ensembles mit dem Schulalltag unserer Zeit verdankte.