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Die Lüge vom Glück aus der Tüte

Bei einem Schultag, der der Suchtprävention gewidmet war, erlebte der 8. Jahrgang ein vielseitiges und aufschlussreiches Programm. Den Auftakt bildete eine Vorstellung des Schauspielers Tom Seidenfaden vom Galli-Theater, der seine eigene Drogenvergangenheit eindrucksvoll auf die Bühne brachte.

Kern des Stücks „Die Tüte“ ist das Zerplatzen von Träumen, das den Bühnen-Tom Freddy immer wieder zum Drogenkonsum führt. Im Rahmen seiner Sinnsuche wähnt sich die Figur mal als Profi-Fußballer, mal als Tennis-Star, dann wieder als Schauspieler z.B. in einer Superhelden-Rolle oder als Rapper, allesamt lebendig vorgespielte Fantasiegespinste des Jugendlichen, in denen er sich grandios selbst überschätzt. Jede Illusion läuft ins Leere, scheitert an der Ablehnung etwa Trainers oder auch an Freddys eigener Einsicht, dass der Wunschtraum ja doch nichts taugt. Und immer wieder führt Freddys Frust zur Flucht in den Drogenkonsum. Er versucht, die Leere mit Alkohol, Cannabis und weiteren Substanzen zu betäuben, die ihn das eigene „vergammelte“ Leben vorbeiziehen sehen. Das Stück endet jedoch mit einer Perspektive, ebenfalls autobiografisch motiviert: der Rückkehr in die Wirklichkeit durch kreatives Anpacken als Schauspieler in einem Ensemble, dessen Mitglieder keine Drogen konsumieren.

Sieben Jahre sei er drogenabhängig gewesen, berichtet Tom im anschließenden Gespräch mit den Jugendlichen, die ihn ganz offen befragen dürfen, er habe „seine Jugend in Sucht verbracht“. Mit 14 Jahren habe er zu Cannabis gegriffen, mit 20 die letzte illegale Droge konsumiert, seit 5 Jahren sei er nun „clean“.

Wie er das geschafft habe, möchte eine Schülerin wissen. Das sei nicht einfach gewesen, erzählt Tom, die Sucht sei eine „harte Krankheit, stärker als der eigene Wille“, und so habe er mehrere Versuche gebraucht, entscheidend sei schließlich der Schritt ins Theater gewesen. Eindrucksvoll schildert er Beispiele anderer Jugendlicher, die den „Weg zurück ins Leben“ nicht geschafft hätten und teilweise nicht mehr am Leben seien. Ein Freund aus der einstigen „Bubble nur aus Leuten, die auch auf Drogen waren“, kämpfe noch immer mit seinen Psychosen, für deren Ausbruch LSD ein Auslöser gewesen sei.

Was er von der aktuellen Cannabis-Legalisierung halte, möchte ein Schüler wissen. Einerseits ändere die nicht viel, erklärt Tom, „wer kiffen will, kifft so oder so“, andererseits beobachte er manchmal Gruppen im Park, die sich darüber freuten, legal kiffen zu dürfen, und dabei das Risiko übersähen, „ihre Lebenskraft zu verlieren“.

Im Anschluss an die vom Schulverein unterstützte Theatervorstellung und Diskussion konnten sich die Schüler:innen im Klassenverband in einem Workshop unter Leitung des Galli-Theater-Teams kreativ mit dem Thema Drogenkonsum auseinandersetzen. Dabei war es ihnen freigestellt, welche Droge bzw. Sucht sie in einer Szene ansprechen wollten, es sollte allerdings eine mögliche Lösung am Schluss präsentiert werden. Dies griffen die Gruppen sehr engagiert und vielseitig auf, „teilweise waren es humoristische Stücke“, berichtet Moritz (8b), „aber immer auch mit einer Message“. Es ging um Alkohol, Tabak, Cannabis, um Spielsucht oder Probleme in der Familie, bei denen die Jugendlichen ihre Familien anlogen.

In einer weiteren Doppelstunde schließlich setzten sich die 8. Klassen und ihre Klassenleitungen anhand von Filmbeiträgen und Informationsmaterial mit Grundlagenwissen auseinander, beispielsweise mit den positiven wie negativen Wirkungen von Cannabis, das teilweise als Heilmittel eingesetzt wird, dessen entspannende Wirkung aber auch die Realität verschwimmen, Konzentrations- und Denkstörungen auftreten lässt.

Der von Frau Deubach vorbereitete und organisierte Präventionstag kam gut an bei den Jugendlichen. Das Programm „war sehr gut gemacht“, lobt Kimi (8b), „das Theaterstück war gut, um Toms Leben und seine Erfahrungen zu verstehen, und auch die Infos danach waren sehr wichtig.“ Harun gefiel das Stück auch deswegen, „weil es Leute davon abhält, Drogen zu nehmen“, zudem war es Aaron (8d) zufolge „gut gespielt“.
„Der Tag war ein guter Mix aus Informationen, er hat gezeigt, was zur Sucht führt und wie eine Perspektive aus der Sucht aussehen kann“, findet Demi (8a) und Moritz stimmt zu: „Es war informativ, aber auch mal locker, eine gute Mischung, sodass man sich gut auf das Thema einlassen konnte.“

Der Tag, zu dem nun eine breite Evaluation folgt, ist Teil des Suchtpräventionsprogramms und findet u.a. eine Fortsetzung im Jahrgang 10 mit einem Projekt zum Schwerpunkt Alkohol. Auch Elternabende sind ein wichtiger Teil des Konzepts, das im letzten Jahr von einer Projektgruppe entwickelt, im Elternrat thematisiert und breit abgestimmt wurde. Hier finden Sie einen Überblick zum Präventionskonzept der Schule sowie weitere Hinweise zur Suchtprävention.