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„Ödipus – Blindes Vertrauen“

Die „Ödipus“-Tragödie des griechischen Dichters Sophokles ist weit über 2400 Jahre alt. Die Adaption des Theaterkurses 12 (S4) unter Leitung von Frau Neumann wirkte hingegen sehr modern, ohne dabei die Wucht des Stoffs preiszugeben.

Nach einem filmreifen, pathetischen Prolog zeigte das Ensemble in eindrucksvollen Bildern Stationen aus dem Leben des mythischen Königs von Theben, der unwissend seinen Vater tötet, seine Mutter ehelicht und sich nach Erkennen der Wahrheit das Augenlicht nimmt. In immer wechselnden Konstellationen teilten sich die Schauspieler:innen des Kurses postdramatisch verschiedene Rollen, die anhand weniger Requisiten, etwa der Königskrone, doch immer erkennbar blieben. Verschiedene Sprechinstanzen kommentierten dabei in bester Dramentradition der Antike chorisch das Geschehen aus verschiedenen Blickwinkeln. In einer fulminanten Pointierung zielte die Inszenierung auf zeitlose Werte und Affekte wie „Vertrauen“, „Treue“ oder „Reue“, die schließlich in eindrucksvollen Tableaus visualisiert wurden.

„Wir wollten das Gewicht des Themas ausdrucksstark zeigen“, sagt Terrence (S4), wobei, so Elena (S4), „der komplizierte Stoff einfach und verständlich“ gemacht werden sollte. Das Publikum war am Ende beider Vorstellungen begeistert, auch von den schauspielerischen Leistungen, mit denen sich der Theaterkurs kurz vor dem Abitur verabschiedete.

Bunte Spuk- und Spielewelten

Vier Ensembles präsentierten beim diesjährigen „Kessel Buntes“ spannende und lustige Theaterszenen sowie Tanzchoreografien.

Den Anfang machte der von Frau Rosenfeld geleitete Theaterkurs der Klasse 6a, der das Publikum auf nächtliche Mutproben mitnahm. Gruppenweise präsentierten die Schüler:innen sehr unterhaltsam, was passieren kann, wenn die Aufnahme in eine Clique davon abhängt, ob man sich nachts ins Schulgebäude traut: Wenn es dort nämlich spukt, kann es böse ausgehen – und manchmal trifft es gerade die vermeintlich Coolsten.

Die Klasse 5b zeigte verschiedene Choreografien aus dem Tanzprojekt „Dance2go“. Angeleitet von Frau Schwarzkopf tanzt die Klasse einmal wöchentlich und entwickelt hierbei vielseitige Ausdrucksformen. Die in Gruppen sowie in der Klassengemeinschaft präsentierten Szenen zeugten von Präzision, Einfallsreichtum und Tanzfreude. Mehr über das Tanzprojekt erfahren Sie hier.

Zeitmaschinen ermöglichen bekanntlich manches. Zwei originelle Möglichkeiten präsentierte der von Frau Rosenfeld geleitete Theaterkurs der Klasse 5c. Die Jungen brachten eine lustig inszenierte Geschichte auf die Bühne, in der sich Opa durch eine Veränderung seiner Vorgeschichte wiederbeleben ließ. Die Mädchen nutzten in der von ihnen entwickelten Handlung eine Zeitmaschine, um die grausame Wahrheit hinter Omas nur vermeintlich harmlosem Tod zu demaskieren.

Einen besonderen Höhepunkt markierte die hervorragend gesprochene, inszenierte und choreographierte Auseinandersetzung mit virtuellen Spielwelten, die der Dramakurs 8 in englischer Sprache zeigte. Die von Frau Rosenfeld im Fach Theater unterrichtete Bili-Klasse 8a präsentierte eine ganz eigenständig entwickelte und gestaltete Variation der Vorstellung davon, was passiert, wenn Jugendliche in eine virtuelle Spielwirklichkeit gezogen werden. Die von Level zu Level aufgebaute Spannung steigerte sich derart, dass es – Englisch hin oder her – besonders die jüngeren Zuschauer:innen nach und nach kaum mehr auf den Plätzen hielt. Unterstützt wurde die Wirkung durch einen PC-Spiele-Sound, den zwei Schülerinnen der Klasse, Charlotte und Lilly, selbst entwickelt hatten.

Die Begeisterung des Publikums in der voll besetzten Aula zeigte sich am Ende in einer hohen Spendenbereitschaft. Insgesamt landeten rund 420 Euro in den am Ausgang bereit gehaltenen Hüten. Das Geld fließt nun in die zweite Runde unserer Ukraine-Hilfsaktion.

Freiheit, Leben und „Brechtreiz“ – Theater im Mai


Mit drei Inszenierungen bereicherten Theaterkurse der Jahrgänge 9, 10 und 11 die Dörpsweg-Bühne. Dem Publikum in der jeweils gut besuchten Aula war die Freude über die Rückkehr in das Kulturleben anzumerken.

Den Anfang machte der von Frau Neumann betreute Theaterkurs des 11. Jahrgangs mit seiner Vorstellung „Freiheit… Imagine“. Der Freiheitsbegriff wurden in dieser Inszenierung unter unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. So waren Szenen zur Meinungs- und Pressefreiheit, zu Formen kriegsbedingter Unfreiheit, zu Fragen gesellschaftlicher Einschränkung und immer wieder zur persönlichen Freiheit in der vielseitigen Szenencollage zu erleben.
Auch wenn das Ensemble durch teils kurzfristigen Ausfall einzelner Mitglieder bis zum Schluss flexibel bleiben musste, konnten die ganz aktuellen Botschaften klar vermittelt werden, auch musikalisch übrigens: etwa in einem von Leyla und Eren aufgenommenen und eingespielten Lied in türkischer Sprache oder in dem Udo-Lindenberg-Song „Wozu sind Kriege da?“, präsentiert von Ensemblemitgliedern sowie der Fünftklässlerin Marie, deren Gesang das Ensemble mit einer prägnanten Choreographie begleitete. Eine positive Perspektive bot schließlich ein in bunten T-Shirts vorgetragenes Schlusstableau zum Lennon-Song „Imagine“.

Eine gleichfalls zunächst düstere, dann jedoch positiv gefüllte Thematik brachte der von Frau Zabel geleitete Theaterkurs des 9. Jahrgangs mit dem Stück „Norway today“ auf die Bühne. Verdichtet wurde zunächst die Alternative von Leben und Selbstmord. Hin- und hergerissen zwischen Angst und Übermut, Rückkehrwunsch und Auswichen in den Selbstmord, machen sich zwei Jugendliche auf den Weg nach Norwegen. Dort entdecken sie allerdings, anders als erwartet, ganz neue Gefühle und eine ungeahnte Lebensintensität. So werfen sie angesichts des erlebten Nordlichts ihre Selbstmordabsicht über den Haufen und öffnen sich einer neuen Sicht auf das Leben: eine Entwicklung, die das Ensemble in lebendigen und eindrucksvollen Szenen präsentierte.

Eine Szenencollage mit literaturgeschichtlichem Hintergrund zeigte der Theaterkurs des 10. Jahrgangs unter Leitung von Frau Badstein. Das Ensemble gestaltete ein Puzzle vielseitiger Schlaglichter auf Ideen und Werke des Autors Bertolt Brecht. Sein Credo, das Publikum nicht in eine Illusion zu tauchen, sondern im Denken zu aktivieren, setzte auch das Ensemble in seinen zahlreichen Anspielungen auf das Brecht’sche Werk und Leben um, die es zu entdecken galt. So gelang ein mitunter überraschend aktuelles, immer wieder auch witziges Stück, dessen knappe Federstriche dem Publikum neue „Brechtreize“ eröffneten.

„Nichts“

„Nichts bedeutet irgendetwas, deshalb lohnt es sich auch nicht, irgendetwas zu tun.“ Dieser Satz veränderte das Leben einer ganzen Schulklasse, zum Glück nur auf der Bühne.
In einer packenden Theatervorstellung – der ersten seit zwei Jahren – zeigte der Theaterkurs des Jahrgangs 12 unter Leitung von Frau Rosenfeld die dramatischen Konsequenzen dieser nihilistischen Aussage.
 
Eigentlich könnten Schule, Eltern, Freizeit, Freundschaft oder auch Liebeskummer die wichtigsten Themen und Sorgen der Jugendlichen bestimmen. Stattdessen stellt die Stimme eines Mitschülers, zu hören aus dem Off, das Leben der Klasse auf den Kopf. Um das Gegenteil der zitierten Aussage zu belegen, machen sich die Jugendlichen auf die Suche nach Sinn und Bedeutung. Indem sie versuchen, Dinge zu sammeln, die ihnen wichtig sind, trudeln sie jedoch immer weiter in eine Spirale aus Angst, Hass, Wut und Ohnmacht. Scheinbar launig geht es los, als eine Mitschülerin eine Tofu-Packung auf den Stapel der bedeutungsvollen Dinge legt und sagt, Tofu stehe stellvertretend für ihre Lebensweise. Ein Mitschüler opfert seine Sneakers, ein weiterer die ihm teuren Geldscheine. Empfindlicher werden die Diskussionen, als sich die Jugendlichen gegenseitig Werte abverlangen, die sie freiwillig auf keinen Fall hergeben möchten, etwa ein Tagebuch mit sensiblen Einträgen, gesundheitserhaltende Medikamente oder den letzten Brief der verstorbenen Mutter. Das chorische Fußklopfen oder Aufeinander-Zeigen nimmt immer bedrohlichere Formen an, etwa bei der Forderung nach dem Knie eines sportbegeisterten Schülers oder nach der Tötung eines im Koma liegenden Bruders. Gewalt und radikaler Gruppenzwang steigern sich und führen beim Rückblick der Gruppe 20 Jahre später zu der bitteren Erkenntnis, Bedeutung nicht gefunden, sondern verloren zu haben.
 
Die Adaption des Romans von Janne Teller gelang dem Kurs mit originellen Akzenten in einer kurzweiligen und scheinbar mühelosen Inszenierung. Tatsächlich hatte sich das Ensemble in einem intensiven, teils aufreibenden Arbeitsprozess die Auseinandersetzung mit der Bedeutung wahrer Bedeutung zu eigen gemacht und dabei auch ganz persönliche Erfahrungen und Sichtweisen einbezogen. Heraus kamen ein ganz eigenständiger Zugriff auf die Problematik und eine sehr flüssige, authentisch wirkende Darstellung.

Dass der Kurs im Laufe der Zeit kleiner wurde und Pandemieausfälle ausgleichen musste, „hat die schöpferische Arbeit nicht unbedingt unterstützt“, sagt Kursleiterin Anke Rosenfeld. Umso schöner ist es, dass die eindrucksvolle Inszenierung nun die erste Dörpsweg-Theatersaison nach zwei Jahren eröffnen konnte.