Ein Ausflug nach Berlin lohnt sich immer wieder – ob in der Schulzeit oder in den Ferien. Über ein eindrucksvolles Berlin-Programm bereits eines einzigen Tages berichtet eine Schülerin des S2:
Von Charlotte Bierhaus (S2)
Geschichte begreift man am besten dort, wo sie passiert ist.
Aus diesem Grund haben sich zwei Klassen der Jahrgänge 10 und 11 in Begleitung von Herrn Hanke und Herrn Terhalle auf den Weg nach Berlin gemacht, um sich einen Tag vor Ort mit der Geschichte der sogenannten „Stasi“ in der ehemaligen DDR zu beschäftigen.
Mit dem ICE angekommen am Berliner Hauptbahnhof, ging es direkt zum Denkmal Museum Hohenschönhausen, das in DDR-Zeiten ein Gefängnis des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) war. Unter der Leitung eines Zeitzeugen sowie dem Sohn eines ehemaligen Insassen wurden wir durch Teile der alten Gebäude geführt. Wir standen in alten Zellen, spürten durch die eindringlichen Erzählungen die bedrückende Atmosphäre und bekamen einen Einblick in das System der Kontrolle und Einschüchterung.
Der Zeitzeuge, der selbst fünf Wochen in Hohenschönhausen inhaftiert war, berichtete unter anderem von nächtlichen Schikanen – etwa, wenn man nicht in der vorgeschriebenen Haltung geschlafen hatte – sowie von sogenannten „Steh-“ und „Hockzellen“, in denen man sich stundenlang nicht bewegen konnte.
Die Schilderungen und die spürbare psychische Zersetzung durch die Haftbedingungen waren eindrucksvoll, stellenweise kaum begreifbar – und haben viele von uns tief bewegt.
Nachdem wir uns im Anschluss an die Führung wieder gesammelt hatten, bekamen wir die Möglichkeit, Berlin auf eigene Faust zu erkunden — von Sehenswürdigkeiten wie dem Fernsehturm und der Weltuhr am Alexanderplatz oder dem Brandenburger Tor bis hin zur Gelegenheit, den historischen „Checkpoint Charlie“ zu sehen, war fast alles dabei.
Anschließend ging es für uns in den Reichstag für ein weiteres Zeitzeugen-Gespräch. Nach einer Sicherheitskontrolle fanden wir uns im Europasaal des Paul-Löbe-Hauses wieder. Hier berichtete die Opferbeauftragte und ehemals Protestierende Evelyn Zupke über ihre persönliche Erfahrung mit der Macht und Staatsgewalt der Stasi in der DDR. Frau Zupke berichtete von ihrer Vergangenheit in Ost-Berlin als Gegnerin der Regierung und erzählte hierbei nicht nur von der psychischen Zersetzung, die auf Oppositionelle ausgeübt wurde, sondern ebenfalls von geplanten Aktionen. Sie berichtete von gescheiterten Aktionen, wie beispielsweise dem Plan, auf dem Alexanderplatz mit T-Shirts auf den Wahlbetrug aufmerksam zu machen, aber ebenfalls von erfolgreichen, wie der eigenständigen Neuzählung der Wahlstimmen am 07. Mai 1989 und den darauf folgenden monatlichen Protestaktionen.
Im Rahmen dieses Gespräches konnten wir als Schüler:innen ebenfalls Fragen stellen, um uns besser in die Lage der damaligen Zeit zu versetzen und die Geschichte des Ostens besser zu verstehen. Jede unserer Fragen wurde ernst genommen und gründlich beantwortet sowie teilweise auch mit Gegenfragen gekontert, wodurch eigenständiges Nachdenken und Diskutieren angeregt wurde.
Nach diesem Gespräch hatten wir alle noch etwas Zeit, uns zu sortieren und den Tag in Berlin ausklingen zu lassen, bevor es abends mit dem ICE zurück nach Hamburg — nach Hause — ging.
Der Tagesausflug nach Berlin war nicht nur eine Reise in die Hauptstadt, sondern vor allem eine eindrucksvolle Auseinandersetzung mit einem wichtigen Kapitel deutscher Geschichte. Durch die direkte Begegnung mit Zeitzeug:innen, die authentischen Orte und die Möglichkeit, eigene Fragen zu stellen, wurde die Geschichte für uns greifbarer und emotional spürbar.
Ein Ausflug solchen Ausmaßes ist keineswegs selbstverständlich oder einfach, aber als Schüler:innen freuen wir uns über eine derartige Chance, Geschichte hautnah zu erlernen und zu verstehen.