Europa – das Zentrum der Welt?

„Europa und die Europäische Union sind vielmehr eine Randerscheinung“, so Enrico Liedtke vom ‚Haus Rissen‘. Im Rahmen des EU-Projekttags an Schulen bot er den Schüler:innen des 10. Jahrgangs einen differenzierten Einblick in die geopolitischen Herausforderungen der Europäischen Union. Die von Frau Middeke organisierte Veranstaltung bot zudem Gelegenheit für eine rege Diskussion, die Ela, Hrant und Sander (Klasse 10a) moderierten.

Die meisten Landkarten und geographischen Darstellungen zeigten Europa als den Nabel der Welt, erläuterte Liedtke den Jugendlichen. Dabei sei die Europäische Union durch mächtige Akteure und aufstrebende Nationen unter Druck gesetzt. Angriffe auf eine regelbasierte Weltordnung, die zweite Amtszeit Trumps, aber auch Uneinigkeiten über die eigenen Interessen und Werte forderten die Europäische Union heraus.

Drei Schlussfolgerungen für die Europäische Union benannte Liedtke: Zum einen solle sich Europa nach weiteren Partnern auch im globalen Süden umsehen, die das Interesse an Regeln und einem sinnvollen Miteinander hätten. Die EU solle sich selbst ernster nehmen und ihre Rolle so definieren, dass sie als selbstbewusster Partner wahrgenommen werde. Zudem müsse sie die eigene Integration weiter voranbringen auf der Grundlage von Beschlüssen, die von der Mehrheit getragen werden.

Im Anschluss nahmen viele Schüler:innen die Gelegenheit wahr, Fragen zu stellen, z.B. zu einem möglichen Frieden in der Ukraine oder zu einer Wiederaufnahme Großbritanniens in die EU. Ebenso konnten die Rolle der NATO und der mögliche Einfluss von Superreichen in der europäischen Politik erörtert werden. Andere Fragen fokussierten sich auf das Verhältnis der Europäischen Union zu Russland und China oder auf die Rolle von Indien und anderen aufstrebenden Nationen.

„Trotz mancher komplexer Zusammenhänge war der umfassende Blick auf die Rolle der EU in der Welt sehr informativ und spannend“, „Herr Liedtke hat ein großes Wissen über die Europäische Union und mir ist vieles klarer geworden“, bilanzierten Zehntklässler:innen die Veranstaltung, die viele Denkanstöße bot zur Europapolitik, zu notwendigen Voraussetzungen einer stabilen Europäischen Union sowie zu Möglichkeiten, sich für ein stabiles Europa zu engagieren.

Hamburg meets Prag

Zum zweiten Mal reisten Dörpsweg-Schüler:innen des 10. Jahrgangs im Rahmen des bilingualen History-Unterrichts zu einem Austauschbesuch nach Prag. Gemeinsam mit ihren Partnern des Gymnázium Thomase Manna erlebten die Jugendlichen ein abwechslungs- und kontrastreiches Programm. Begleitet wurden sie von Frau Achmus und Frau Schmitz. Unterstützung bekam die Reisegruppe vom europäischen Förderprogramm Erasmus+. Eine Austauschteilnehmerin berichtet von den Erlebnissen der Gruppe:

Von Adriana Loba-Abourou (Klasse 10c)

Schon auf der etwa 7-stündigen Hinreise nach Prag wurde unsere Vorfreude klar, denn die Reise wurde nicht nur mit Schlafen oder Essen verbracht. Wir unterhielten uns auch reichlich über das Austauschprogramm und die Prager Austauschschüler. Schon im Voraus hatten die Austauschpaare miteinander Kontakt aufgebaut. So konnte sich jeder auf das Zusammentreffen freuen. Als wir abends ankamen, wurden wir freundlich von unseren Gastfamilien empfangen und konnten dann unseren ersten Abend in Prag in angenehmer Atmosphäre verbringen.

Das Programm startete am Dienstagmorgen an unserer tschechischen Partnerschule, dem Gymnázium Thomase Manna. Hier hatten die tschechischen Lehrkräfte bereits Kennenlernspiele vorbereitet, um uns bestmöglich in Prag ankommen zu lassen. Es wurde z. B. Kennenlern-Bingo gespielt und reichlich gelacht. Zunächst stand dann eine Stadtrallye auf dem Plan. Bei der sorgfältig geplanten Tour lernten wir nicht nur unsere tschechischen Austauschschüler besser kennen, sondern erkundeten auch die Stadt und ihre Geschichte. Den Nachmittag konnten wir dann mit unseren Austauschpartnern und unserer Gastfamilie frei gestalten.

Am Mittwochmorgen stand bereits der nächste Programmpunkt, ein Graffiti-Workshop, an. In Kleingruppen sprühten wir mit Hilfe professioneller Streetart-Künstler selbst gestaltete Graffitis legal an Wände. Dabei kamen verschiedenste, individuelle Werke zustande. Den Nachmittag gestalteten wir wieder frei mit unseren Austauschpartnern. Die meisten Schüler nutzten diese Zeit, um noch mehr von der Prager Innenstadt zu sehen und Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. Insbesondere die Prager Burg wurde von vielen Schülern besucht. Von dort konnten wir den Ausblick auf die Stadt sowie die altmodische Bauweise der Burg genießen.

Am Donnerstag folgte ein weiterer zentraler Programmpunkt des Austausches: der Besuch des ehemaligen jüdischen Ghettos Theresienstadt. Dorthin waren bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges im Jahre  1945 rund 141.000 Juden deportiert worden, die dort unter unmenschlichen Bedingungen auf engem Raum leben und arbeiten mussten und häufig an den schrecklichen Bedingungen starben.

Da der Austausch im Zusammenhang mit dem History-Unterrichts stattfand, war das Thema Holocaust im Unterricht bereits gründlich vorbereitet worden. Vor Ort konnten wir nun prägende Eindrücke und Erinnerungen mitnehmen. Wir sahen uns nicht nur das Äußere der Stadt an, sondern konnten auch in zwei der Gebäude hineingehen und uns durch die informativen und bewegenden Beiträge des Gästeführers in die damalige Zeit hineinversetzen. Zum Ende des Ausfluges erhielten wir noch die einmalige Gelegenheit, mit einer ehemaligen Bewohnerin des Ghettos, Inge Auerbach, zu telefonieren, die zur Zeit des Zweiten Weltkrieges als deutsche Jüdin in das Ghetto deportiert worden war und nach Ende des Zweiten Weltkrieges in die USA auswanderte. Sie erzählte von ihrer Vergangenheit im Ghetto und rundete mit eindrücklichen Antworten auf unsere interessierten Fragen den Ausflug ab.

Freitag war bereits der Abreisetag. Wir verabschiedeten uns von unseren Austauschpartnern und traten die Heimfahrt an. Auch wenn der Austausch nun vorbei war, hatte jeder Austauschteilnehmer neue Bekanntschaften machen oder sogar neue Freunde finden können. Insgesamt war der Austausch nach Prag ein sehr vielfältiges Erlebnis, für das alle Teilnehmer sehr dankbar sind. Wir freuen uns schon auf den Rückbesuch der Prager Austauschschüler im Juni!