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Vorlesewettbewerb 2024

Lesen macht in der dunklen Jahreszeit besonders viel Spaß – und vorgelesen zu bekommen erst recht. So war es auch ein Vergnügen, beim Schulentscheid des diesjährigen Vorlesewettbewerbs Kindern zu lauschen, die zuvor den Wettbewerb in ihrer 6. Klasse für sich entschieden hatten.

Die von den Kindern selbst gewählten Texte der ersten Runde waren sehr vielfältig und abwechslungsreich. Sicher, flüssig und ausdrucksstark lasen sie in ausgeloster Reihenfolge Passagen aus den Jugendbüchern „Tom Gates. Wo ich bin, ist Chaos“ von Liz Pichon (Finian, 6b), „Ist Oma noch zu retten?“ von Marie Hüttner (Emma, 6e), „Lockwood & Co“ von Jonathan Stroud (Johanna, 6c), „Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende (Mattes, 6a) sowie „Miles & Niles“ von Jory John und Mac Barnett (Jannes, 6d).

In der zweiten Runde galt es, vor dem gesamten Jahrgang und der Jury eine Textpassage zu bewältigen, die zuvor nicht bekannt und entsprechend nicht eingeübt war. Hierfür hatte Moderatorin Frau Christophersen einen Abschnitt aus Cornelia Funkes Jugendbuch „Herr der Diebe“ ausgewählt – der Romanvorlage des Weihnachtstheaterstücks, das alle 6. Klassen ein Jahr zuvor besucht hatten. Auch dieser Herausforderung zeigten sich die Klassenfinalisten bestens gewachsen.

Am Ende belegte Johanna (Foto Mitte) den ersten Platz, auch wenn es eine anspruchsvolle Aufgabe für die Jury war, in der in diesem Jahr Frau Lehmkuhl (Heymann), Theo (Klassensieger 2022), Irina (Schülersprecherin), Herr Hawighorst (stv. Schulleiter) und Herr Binder (Abteilungsleiter) saßen. Johanna hatte damit die erste Wahl bei den vom Buchladen Heymann bereitgestellten Preisen und Johanna wird die Schule im neuen Jahr auch beim Regionalentscheid vertreten.  

Das Publikum hatte erkennbar Spaß an den Vorträgen. Und so dürfte der Wettbewerb sicher für die eine oder andere Lese-Anregung gesorgt haben mit guten Tipps besonders für die Weihnachtszeit.

Erster Genua-Austausch

Kühle Herbstluft fegt durch Hamburg – eine gute Gelegenheit für Gedanken an das wärmere Bella Italia und an den ersten Genua-Austausch der Schule. Italienischlerner:innen des 8. Jahrgangs haben sich die ligurische Hafenstadt angesehen und dort auch den Alltag miterlebt. Zwei Teilnehmerinnen des neuen Austausch-Programms mit der Scuola Germanica Genova berichten.

Von Alice und Carla (Klasse 8d)

Am Vormittag starteten wir gemeinsam mit Herrn Spallino und Frau Manna vom Hamburger Flughafen und trafen um ca. 15 Uhr in Genua ein, da es leider keinen direkten Flug gab. Dort wurden wir herzlich von unseren Austauschschülern und deren Familien empfangen. Schon am ersten Tag lernten wir unsere Partner:innen und die italienische Hafenstadt besser kennen. Wir genossen das schöne Wetter und das Meer, während wir am Strand lagen und köstliches Eis aßen. In den folgenden Tagen unternahmen wir allerlei Ausflüge wie z. B. eine Rallye, um Genua bis in den letzten Winkel zu erkunden, eine sportliche Wanderung mit anschließender Bootstour und einen Besuch im zweitgrößten Aquarium Europas.

Zwei Tage verbrachten wir im Unterricht der Deutschen Schule Genua. Dort konnten wir unsere sprachlichen Kentnisse unter Beweis stellen und erlebten die Fächer mal völlig anders.

Oft traf sich die Mehrheit der Schüler:innen nachmittags und organisierte unabhängig Ausflüge wie einen Badetag am Strand oder einen Abend mit Bowlen und italienischer Pizza.

Als die Woche sich dem Ende zuneigte, flossen tatsächlich ein paar Tränen und vielen fiel der Abschied schwer, da es eine unfassbar schöne Woche mit vielen neuen Erfahrungen und Freunden war, die uns für immer in Erinnerung bleiben wird. Wir freuen uns alle schon darauf, unsere Austauschpartner.innen im Juni hier in Hamburg willkommen zu heißen.

Gesunde Schule 2023

Auch in diesem Jahr wurde das Gymnasium Dörpsweg wieder als „Gesunde Schule“ ausgezeichnet. Wie bereits in früheren Jahren, wurden auch 2023 Schwerpunkte aus unterschiedlichen Handlungsfeldern hervorgehoben: in diesem Jahr das neue Konzept zur Suchtprävention sowie das der MSA-Kurse.

Im Rahmen des Suchtpräventionskonzepts als Teil der Gesundheitsförderung werden Kinder und Jugendliche über Risiken des Suchtmittelgebrauchs, des Umgangs mit Suchtmitteln oder digitalen Medien sowie etwa über Essstörungen informiert. Bausteine des Fachunterrichts, des Klassenrats und von Projekten bestehen beispielsweise in der Einbindung der Streitschlichtung in den Schulalltag, der Unterstufen-Projekttage „Gemeinsam Klasse sein“ und „Liebe, Freundschaft, Sexualität“, im Medienpass der Jahrgänge 5-7 oder in einem Mittelstufen-Projekt zum Thema Suchtmittel, das in verschiedenen Jahrgängen durch den Fachunterricht Biologie (Nikotin, Cannabis), Chemie (Alkohol) sowie Religion und Philosophie (Essstörungen) vertieft wird. Immer gilt es, die Kinder und Jugendlichen in ihrer Standfestigkeit gegenüber Suchtrisiken aller Art zu stärken, bei der Entwicklung von Alternativen zu suchtriskantem Verhalten zu unterstützen und in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu fördern. Wichtig ist dabei auch die Kooperation von Schule und Elternhaus. Im Sinne einer Erziehungspartnerschaft ergänzen so die deutliche Haltung der Eltern und die schulischen Angebote einander, stärken die Resilienz und machen erkennbar, dass es immer bessere Alternativen zu gefährlichem oder ungesundem Verhalten gibt.

Der zweite Schwerpunkt für die diesjährige Auszeichnung betrifft unseren Förderkurs für Schüler:innen mit der Prognose MSA (Mittlerer Schulabschluss). Während einer Unterrichtsstunde am Nachmittag üben und wiederholen die Teilnehmer:innen unter Anleitung einer Lehrkraft beispielsweise, eigene Stärken und Schwächen  zu reflektieren, Fähigkeiten zu entdecken sowie Interessen­schwerpunkte zu formulieren, um schließlich eine entsprechende Berufswahl treffen zu können. Neben der Vertiefung des bereits erworbenen Wissens aus dem Bereich der Berufsorientierung aus der Mittelstufe dient der Kurs dazu, den Schüler:innen konkrete Hilfen anzubieten, bei­spielsweise wenn es um die Vorbereitung eines Bewerbungs­gesprächs, einen Besuch im Berufs­informations­zentrum, um die Suche eines Praktikums- oder Ausbil­dungs­­platzes wie auch das Verfassen einer Bewerbung geht.

So findet Tobias (Foto Mitte), der an einem solchen Kurs teilgenommen hat, „gut, dass wir vieles wiederholt haben, z. B. wie man sich bewirbt“. Das Konzept des MSA-Kurses bewertet er als „sehr hilfreich zur Vorbereitung auch auf den MSA. Damit wäre man sonst zu Hause sich selbst überlassen.“ Die praktische Anwendung der Übungen kann Tobias allerdings noch etwas verschieben, denn er hat den Übergang in die Oberstufe erfolgreich gemeistert.

 

„Dann wusste ich, es gibt kein Zurück…“

Im Rahmen eines Zeitzeugengesprächs hatte der Geschichtskurs des 11. Jahrgangs von Herrn Hanke Gelegenheit, mit Zeugen des Mauerfalls von 1989 zu sprechen.

Kein Datum der deutschen Geschichte ist so schicksalsträchtig, wie der 9. November. An diesem Tag im Jahr 1848 scheitert die „Märzrevolution“, 1918 ruft Philipp Scheidemann die erste Deutsche Republik aus, 1923 misslingt in München der „Hitlerputsch“ und an einem besonders dunklen 9. November der deutschen Geschichte brennen 1938 in der „Reichspogromnacht“ jüdische Geschäfte und Synagogen.

Ein glückliches Ereignis verbinden wir mit 9. November 1989, als friedliche Demonstrationen zum Fall der Berliner Mauer und in der Folge zur deutschen Wiedervereinigung führen.

Zwei Zeitzeugen, die 1989 etwa 18 Jahre alt waren, schilderten im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit Oberstufenkursen ihre Erinnerungen und unterschiedlichen Sichtweisen auf die DDR. Der eine sah Chancen in der DDR, während der andere bereits mit 14 Jahren wusste,  dass er aus diesem Staat herauswollte, und in der Folge mit seiner Mutter auch Republikflucht beging. Damals habe er gewusst: „Es gibt kein Zurück.“

In der multiperspektivischen und kontroversen Debatte hatten die Schüler:innen Gelegenheit, Fragen zu stellen und ins Gespräch einzutreten. Der Austausch vollzog sich auf einem sehr hohen Niveau und wurde sogar noch nach Beendigung der Veranstaltung mit den Zeitzeugen persönlich weitergeführt. „Man konnte in dem Gespräch gar nicht alle Fragen stellen“, berichtet Felix (S1), „und im persönlichen Gespräch nach der großen Runde war es sogar noch persönlicher und offener.“

„Ich habe viel Neues mitgenommen“, findet Lotta, und Famke pflichtet bei: „Ich hatte immer mal etwas von meinen Eltern gehört, aber hier waren wir richtig nah dran.“ Lina zeigt sich besonders beeindruckt von einem prägenden Moment, von dem der DDR-kritische Zeitzeuge berichtete: Er sei nach seiner Flucht aus der DDR einem österreichischen Polizisten begegnet und der habe einfach „Hallo“ gesagt. Ein freundlicher Polizist sei für ihn damals ganz und gar neu gewesen, in der DDR habe man immer Angst vor den Staatsbediensteten gehabt.

Die Zeitzeugen hätten viele persönliche Dinge erzählt, die zugleich das Leben von Jugendlichen in der DDR vor Augen geführt hätten, berichten die Schüler:innen des Geschichtskurses, etwa wenn es um die Schulnoten oder die Berufe der Eltern gegangen sei – beides entscheidend auch für Berufsmöglichkeiten der Kinder. Der Austausch sei „eine tolle Möglichkeit gewesen, einmal mit ‚Geschichtsbüchern‘ lebendig in den Austausch zu gehen“, resümiert Herr Hanke, „zumal eines Tages jeder zum Zeitzeugen wird.“ Und er ergänzt an die Schüler:innen gewandt: „Auch eure Kinder werden euch sicherlich zu euren Zeiterlebnissen und Gedanken und Gefühlen befragen. Hoffentlich!“

Alfons – ein deutscher Franzose zu Besuch

Viele kennen ihn als scheinbar trotteligen TV-Reporter, der mit klischeefranzösischem Akzent in seiner Trainingsjacke unschuldig, tatsächlich aber satirisch-entlarvend Fragen stellt: den französisch-deutschen Kabarettisten Alfons (Emmanuel Peterfalvi). Seine Bühnenprogramme („Alfons – Wo kommen wir her? Wo gehen wir hin? Und gibt es dort genug Parkplätze?“ oder „Alfons – jetzt noch deutscherer“) gehen unter die Haut, Lachen und Weinen liegen oft nah beieinander. Und auch im Rahmen seines Schulprogramms engagiert er sich für Völkerverständigung und Demokratie. Nun besuchte er auf Einladung von Frau Haller das Gymnasium Dörpsweg. Der Dialog mit Französischlerner:innen der Jahrgänge 10-12 war beeindruckend und ermöglichte auch den Schüler:innen viele klug durchdachte Statements pro Toleranz. Eine Schülerin berichtet:

Von Thea Tampe (S3)

Am Freitag, den 03.11.2023, trafen die Französischkurse der Jahrgänge 10-12 auf Alfons. Die Schüler:innen stellten anfangs auf französisch vorbereitete Fragen an den Kabarettisten. Von Fragen zu seiner Person bis hin zu seiner emotionalen Reise zu einem deutschen Staatsbürger, Fragen zu seinem beruflichen Werdegang, amüsanten Fragen wie der, in welcher Sprache er eigentlich träume, aber auch aktuellen politischen Fragen war alles dabei.

Die deutsch-französische Freundschaft spielte hierbei eine große Rolle, ebenso Vorurteile und inwiefern sie tatsächlich zutreffen, passend zu seinem Programm „Jetzt noch deutscherer”, welches die Schüler:innen bereits am Donnerstag, den 02.11.2023, in Alma Hoppes Lustspielhaus erlebt hatten. Als Emmanuel Peterfalvi, der den Künstlernamen Alfons trägt, im Kostümfundus des NDR die Trainingsjacke fand, wusste er: „Alfons ist geboren.“ Ausgehend von Straßenumfragen, unter anderem direkt neben der Schule, am Eidelstedter Marktplatz, machte Alfons seine kindliche Radiofaszination und das Sprechen in ein Mikrofon zum Beruf.

Im Gespräch berichtete Emmanuel Peterfalvi weiter, dass er gerne Emotionen übertrage, natürlich das Lachen, vor allem aber auch die Stille. Einer seiner Lieblingsmomente bei Darbietungen sei es, wenn im Raum absolute Stille herrsche.

Mit seinen realitätsgetreuen Erzählungen gelingt ihm dies. Passioniert erzählte er seine Familiengeschichte, die durch den Zweiten Weltkrieg und einem negativen Bild Deutschlands geprägt war. Anhand der sehr persönlichen Geschichten seiner Verwandten machte er uns die Relevanz von politischer Bildung und dem Überwinden von Vorurteilen deutlich. Schon seine Großmutter, die Auschwitz überlebt hatte, habe ihm gezeigt, was es heißt, zu verzeihen und sich von Vorurteilen zu befreien.

Nach der Fragerunde ging Alfons mit uns Schüler:innen in den Austausch. Er zeigte uns ein Video von gerade in Deutschland angekommenen Syrer:innen in einem Reisebus, umzingelt von patriotischen Parolen rufenden Deutschen. Wir sprachen über Rassismus, Zivilcourage und die Relevanz der Demokratie an Alltagsbeispielen.

Alfons erzählte von einer ihm widerfahrenen Situation: Er war alleine in der U-Bahn mit zwei sich prügelnden Menschen – sollte man einschreiten oder lieber doch so tun, als hätte man nichts gesehen?

Wir sind zu dem Entschluss gekommen, dass man nicht immer Held:in spielen muss und auch kleine Taten, wie aussteigen, sich selbst in Sicherheit bringen und dann die Polizei rufen, in diesem Beispiel viel Gutes mit sich bringen. Auch wenn man sich zu einem Zeitpunkt hilflos und unterlegen fühlt, kann man Massen mobilisieren, sich mit mehreren zusammentun und handeln.

Als Europa-Schule kam natürlich in unserem Austausch mit Alfons die Erhaltung der Demokratie und die damit verbundene Aufklärungsarbeit nicht zu kurz. Europa-Schule ist nicht nur eine Bezeichnung, sondern auch eine im Alltag zu vertretende Einstellung und Haltung. Laut Emmanuel Peterfalvi zeigt eine Umfrage, dass gerade bei jungen Menschen das Demokratieverständnis und dessen Relevanz abnimmt (Einstellungen und Sorgen der jungen Generation Deutschlands 2023 online hier verfügbar.

Alfons stellte allen in der Aula Anwesenden die Frage, wem die Demokratie wichtig sei, und jede einzelne Person im Raum meldete sich. Es gab keine einzige Gegenstimme.

Damit seien wir nicht repräsentativ für die Ansicht der Jugendlichen der gesamten Welt, erklärte uns Alfons. Laut einer Studie, aus der Alfons zitierte, sehen 42% der besagten Personengruppe die Demokratie als „nicht wirklich wichtig“ an.

Auch ein Ausschnitt einer älteren Straßenumfrage, durchgeführt von Alfons, zeigt, dass die Passant:innen mit den letzten 50 Jahren der Demokratie nicht zufrieden sind. Sie würden lieber in einer Diktatur leben, allerdings nur „in einer kleinen“.

In einer von globalen Missständen und Krisen geprägten Zeit ist es die menschliche Versuchung, einfach zu denken und die Demokratie infrage zu stellen, so erschlossen wir uns im Plenum diese erschreckenden Ergebnisse. Dass die Demokratie ein Fehler unzureichender Politik ist, ist ein Trugschluss, waren wir uns einig. Solchen Aussagen liegt eine falsche Vorstellung von Diktatur und Demokratie zugrunde, erklärte eine Schülerin.

Abschließend gab uns Emmanuel Peterfalvi mit auf den Weg: „Die großen Helden gibt es nicht. Selbst wenn es die gibt, sind es nicht diejenigen, die wir brauchen.“ Wir haben alle die Möglichkeit zu handeln und unseren Teil zu einer besseren Gesellschaft beizutragen.

Mit einem Zitat beendete Alfons unseren Dialog:
„Damit das Böse gedeiht, braucht es nur gute Menschen, die nichts unternehmen.“ (Simon Wiesenthal, 1908 – 2005)